1603 ist ein bedeutendes Datum, als Cord von Bestenbostel eine kleine Schule für die Wedemark spendete. - Was uns heute selbstverständlich ist, Schulpflicht bis zum 18. Lebensjahr, öffentliche und private Schulträger, Schulgeldfreiheit im öffentlichen Schulwesen, ein differenziertes Bildungsangebot und vieles mehr, das alles gab es nicht im 17. Jahrhundert.
Für den Schulbesuch im Mittelalter (1200 – 1600) galt:
- Die Mehrzahl der Menschen, insbesondere die bäuerliche Bevölkerung, erhielt keine schulische Bildung.
- Es gab nur wenige Schulen, z.B. Klosterschulen, in denen der Klosternachwuchs (Mönche, Nonnen) ausgebildet wurde, oder Domschulen, in denen man Jungen ebenfalls auf eine geistliche Laufbahn vorbereitete.
- Adlige ließen gegebenenfalls ihre Kinder privat unterrichten.
- In den aufstrebenden Städten entstanden Lateinschulen für das gebildete Bürgertum, der Besuch war nur für Jungen möglich, die Aufsicht lag beim Rat der Stadt.
- Und Schreib- und Rechenschulen in Städten wurden vor allem von Söhnen der Kaufleute besucht.
Bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts gab es im deutschen Bereich in ca. 350 Kleinstaaten eine unterschiedliche Entwicklung im Bildungsbereich, die von vielen Einzelbedingungen abhängig war. Eine Schulpflicht in Form verbindlicher gesetzlicher Regelungen gilt für ganz Deutschland erst ab 1919 mit Gründung der Weimarer Republik.
Da Schulen bis zu diesem Zeitpunkt unter der Aufsicht der Kirchen standen, sind sie in der Gemeinde Wedemark den drei Kirchspielen zugeordnet:
Kirchspiel Bissendorf:
- Seit ca. 1550 gab es eine Küsterschule in Bissendorf und ab 1603 eine weitere Schule.
- 1695 entstand eine Schule in Wennebostel für die Orte Osterhöfen, Ickhorst, Scherenbostel, Wiechendorf,
- 1777 in Hellendorf und Sommerbostel,
- 1789 in Bennemühlen,
- 1840 in Gailhof,
- für eine Schule in Hainhaus für die Orte Maspe und Twenge liegt keine Zeitangabe vor, aber für Altenhorst 1807.
Kirchspiel Mellendorf:
- Eine erste urkundliche Erwähnung der Schule erfolgt 1621 im Testament Cords von Bestenbostel, sie bestand aber schon vorher.
Kirchspiel Brelingen:
- Es muss schon um 1540 eine Schule gegeben haben, denn es liegt ein Legat (Vermächtnis mit Erbrecht) des Brelinger Einwohners Gerber von 1595 vor. Das Erbe kam besonders dem dortigen Armenhaus zugute und diente dazu, das Schulgeld für die armen Kleinbauern bereitzustellen.
Im Folgenden sollen nur einige Tatsachen über das damalige Schulwesen erwähnt werden:
Das Schuljahr dauerte im 17. Jahrhundert von Michaelis (Erntedankfest, 29. September) bis Ostern. In der übrigen Zeit des Jahres blieben die Schüler zu Hause und mussten auf dem Bauernhof mitarbeiten. Viele Bauern hatten etwas gegen den Schulunterricht, weil er ihnen Arbeitskräfte entzog.
Die Aufgaben der Schulmeister veränderten sich im Laufe der Zeiten und waren teilweise unterschiedlich in den einzelnen Schulstandorten. Der Küster war gleichzeitig Lehrer, d.h. er unterrichtete während der Schulzeiten, war häufig Organist, hatte Aufgaben bei Beerdigungen, z.B. Psalmen singen, und war manchmal für den Unterhalt des Schulhauses zuständig.
Die Bauern eines Dorfes waren verpflichtet, für die Lehrerarbeit jährlich einen genau festgelegten Geldbetrag zu entrichten, der auf ihren Besitz zugeschnitten war, manchmal war er auch kombiniert mit einer festgelegten Naturalabgabe, z.B. eine Anzahl Himpten (Hohlmaß) Getreide. Gelegentlich erhielt er einen geringen Zinsanteil eines Legates, das von einem Spender ausgesetzt worden war und hatte häufig eine Mini-Landwirtschaft zur Selbstversorgung. In der „unterrichtsfreien“ Zeit musste er sich mit Hilfs- oder Knechtsarbeiten über Wasser halten (z.B. Viehhüten).
An dieser Stelle wird verwiesen auf die einzige umfassende Darstellung der Wedemärker Schulgeschichte von Hellmuth Hahn, Schulgeschichte Bissendorf, Eigenverlag, Bissendorf 2002.
Vom früheren Schulsystem in der Wedemark gibt es noch vereinzelte Zeugen, z.B. den sog. „Schulstein“ an der Grundschule Bissendorf, der auf das Vermächtnis von Cord von Bestenbostel 1603 verweist, es gibt Schulchroniken als schriftliche Tradition oder ehemalige Schulen, die in der Regel zu Wohngebäuden umfunktioniert wurden (vgl. „Liste der Baudenkmale in Wedemark“). Eine thematische Sammlung historischer Zeugnisse befindet sich im „Richard-Brandt-Heimatmuseum Wedemark“ in Bissendorf. Hier kann man in einer Schulraum-Installation einen Eindruck bekommen, wie es war, als man noch auf Schiefertafeln schrieb.
Bildquellen:
Zeichnung der ersten Schule in Bissendorf: Hahn, Lüddecke, Bildchronik Bissendorf, Bd. 1, Bissendorf 2001
Schulstein: https://www.historische-arbeitsgemeinschaft-wedemark.de/der-schulstein.html
allen übrigen Bilder: Richard-Brandt-Heimatmuseum Wedemark