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Das gefährliche Abenteuer in den Abruzzen

Im Jahr 2020 hat das Richard-Brandt-Heimatmuseum, wie schon berichtet, ein weiteres Werk von Georg Heinrich Busse ersteigert. Es handelt sich um eine Radierung aus dem Jahr 1845 mit dem Titel „Das gefährliche Abenteuer in den Abruzzen“. Zur Entstehung dieses Bildes gibt es eine wahrlich abenteuerliche Erzählung, in der Hexen, Zaubersprüche und Berggeister eine Rolle spielen. Busse hat uns diese Geschichte schriftlich hinterlassen. Lauschen wir daher im Folgenden den Ausführungen des Künstlers selbst:

„Der Schauplatz ist in den … Ruinen der Kirche zwischen dem Monte Velino und Gran Sasso. Kaum hatte ich dort, am 28. August 1839, die bogenartige Öffnung in der halb zerfallenen Quermauer der Kirche erstiegen und zu zeichnen begonnen, als ein plötzliches Geräusch unter dem wilden Gesträuche und den Schlingpflanzen meine Einsamkeit störte. Unwillkürlich wandte ich mein langbärtiges Gesicht dahin, und — mit Zetergeschrei lief in größter Eile ein schwarzköpfiger Junge davon. Ruhig arbeitete ich weiter. Doch schon nach Verlauf einer Stunde rückten aus drei benachbarten Dörfern die Einwohner herbei, ängstlich in die Kirche sich drängend; ihnen voran ein gräuliches Weib, ein gegen mich gerichtetes Stäbchen im Kreise bewegend, und zu dreien Malen gleich einer Schlange zischend. Aller Augen hefteten sich mit Neugier und Furcht auf mich, während das alte Weib ihren Zauberspruch wiederholte, und zuletzt, da ihr Bann mich von meinem Sitze nicht vertreiben wollte, rasch einige Schritte näher trat, und drohend die Worte schrie: „Vengo nel nome del Priore, voi dovete sparire !!!“  (Ich komme im Namen des Landrichters — verschwinde!) — Da ich aber unmöglich verschwinden konnte, so steigerte dies noch mehr den Zorn des Weibes, das endlich, gefolgt von den Bauern, mit der Drohung mich eilig verließ, dass ich der Gewalt schon weichen müsse! Gleich darauf erschienen zwei sogenannte Scharfschützen, mit angelegten Gewehren auf mich zutretend. Meine Lage wurde sehr bedenklich; doch gelang es mir endlich den einen Schützen zu bewegen — während sein Begleiter das Gewehr noch auf mich gerichtet hielt — sich davon zu überzeugen, dass der Zweck meines Aufenthalts im Kirchenfenster durchaus ein friedlicher sei. Unter Entschuldigungen und Freundschaftsversicherungen verließ er mich wieder, um mit seinem Begleiter gemeinschaftlich das Volk zu vertreiben. Bald darauf erschien der Geistliche des Orts, der mir wohlwollend Schutz und Freundschaft anbot, und etwas später dessen Bruder, der Priore, von dem ich dann erfuhr, dass das abergläubige Volk mich für den Berggeist gran barbone gehalten hatte, der von Zeit zu Zeit sich von den Berghöhen herablasse und die Menschen plage, dessen Erscheinen bei Tage aber einen blutigen Krieg bedeute. Übrigens habe er die Hexe, deren Künste allerdings in einigem Ansehen ständen, für den Missbrauch seines Namens auf 8 Tage eingesteckt, und das übrige Volk solle mir am nächsten Tage Abbitte tun. Ich ließ mir dieses zum Scherze gefallen. Mit den beiden Brüdern Arm in Arm durchzog ich die drei Dörfer, und wurde mit den besten Weinen und Früchten fortan als der beste Freund, — von dem Priore und seinem Bruder aber auf das freundlichste als ein lieber Gast gehalten.“

Die Darstellung dieser Szene hat die Form einer Vignette. Unten links hat Busse mit „G. Busse fec.“ unterzeichnet. In der Mitte ist der Spruch der alten Frau „Vengo nel nome del Priore, voi dovete sparire !!!“ zu sehen und ganz rechts das Entstehungsjahr 1845.

Außer dieser Radierung zeigt das Heimatmuseum noch weitere Busse-Werke wie bspw. die „Romantische Gartenlandschaft mit angelnden Kindern am Bach“, eines der letzten Ölgemälde des Bennemühlener Künstlers. Viele andere Aquarelle, Ölgemälde, Radierungen und Deckfarbenmalereien können Sie in einem digitalen Bilderrahmen bewundern.


Foto: Richard-Brandt-Heimatmuseum Wedemark

Text: Andresen, A. (1869), Die deutschen Maler-Radirer (Peintres-Graveurs) des neunzehnten Jahrhunderts, nach ihren Leben und Werken (Bd. 3). Leipzig: Rudolph Weigel, S. 255ff