„Unser Museum hat die größte und abwechslungsreichste Uhrensammlung nördlich von Bad Grund – dort gibt es ein großes Uhrenmuseum mit über 1.800 Exponaten.“ Das sagte der leidenschaftliche Uhrensammler Manfred Hulacz gerne, wenn er Besucherinnen und Besuchern durch die Ausstellung antiker Uhren und historischer Uhrenwerkzeuge des Richard-Brandt-Heimatmuseums führte.
Gemeinsam stellten Manfred Hulacz und sein Freund, der Uhrmachermeister Reimer Timm aus Großburgwedel, im Jahr 2008 erstmals ihre Sammlung im Rahmen einer Sonderausstellung in unserem Museum aus. Gezeigt wurde schon damals die ganze Breite von Taschenuhren jeder Art, vor allem Herrentaschenuhren und die ersten Damentaschenuhren, sowie eine Vielzahl von Werkzeugen, die ein Uhrmachermeister in früheren Zeiten nutzte.
Heute ist diese Sammlung neu zusammengestellt und erweitert in einem Raum des Museums als Dauerausstellung zu bewundern. Herr Timm hat dazu seine Uhren – zum großen Teil Familienstücke – und seine Werkzeuge dem Museum als Dauerleihgabe zur Verfügung gestellt. Herr Hulacz hat seine umfangreiche Sammlung historischer Uhren der Gemeinde Wedemark im Rahmen einer Schenkung überlassen. Daraus haben beide eine interessante Ausstellung konzipiert, die immer wieder bewundert wird.
Die Werkzeuge – ca. 40 an der Zahl von klein bis groß – stammen aus der Uhrmacherwerkstatt von Reimer Timm in Großburgwedel, der das Geschäft von seinem Vater übernommen hatte und neben dem Hauptgeschäft mit der Werkstatt eine Filiale in Bissendorf bis zum Jahre 1994 unterhielt, zunächst im Tattenhagen, später in der Straße Am Markt. Im Jahre 2006 gab Herr Timm auch das Geschäft in Großburgwedel aus Altersgründen auf. Besonders hervorzuheben sind unter den Werkzeugen und Maschinen eine Wälzmaschine, mit der Zahnräder nachgefräst wurden, eine Uhrmacher-Drehbank zur Bearbeitung von Uhrengehäusen und Platinen sowie eine Rollierbank zur Bearbeitung von Uhrenwellen. Bei den Uhren aus dem Familienbesitz sind einige besondere Exemplare hervorzuheben, so eine goldene Repetieruhr, die als Taschenuhr ein Schlagwerk enthält, das bei Druck auf einen Knopf die letzte volle Stunde und die seitdem abgelaufenen Viertelstunden anzeigt. Eine ganz außergewöhnliche Taschenuhr, deren Technik schon Ende des 17. Jahrhunderts erfunden wurde. Auch eine „Omega Speedmaster mit Handaufzug“ befindet sich in der Vitrine, von der ein Exemplar am Handgelenk des Astronauten Neil Armstrong im Juli 1969 mit Apollo 11 schon auf dem Mond war.
Noch heute kommt Herr Timm gelegentlich in unser Museum und schaut nach dem Rechten, dann werden auch einige Uhren geputzt, vor allem die silbernen Taschenuhren. „Und bei besonderen Anlässen wie dem Weihnachts- oder dem Ökomarkt bin ich auch gerne hier im Museum, um bei Fragen Erläuterungen zu meinen Schätzen zu geben, denn vieles erschließt sich nicht auf den ersten Blick“, stellt Herr Timm als Fachmann eines beinahe aussterbenden Berufes fest. Seit dem Aufkommen der Quarzuhren Mitte der 1970er Jahre gab es immer weniger Reparaturaufträge.
Die Sammlung von Herrn Hulacz zeigt die ganze Bandbreite der Taschenuhren; besonders hervorzuheben ist die Darstellung, wie aus einer Damentaschenuhr eine Armbanduhr wurde. Während die Männer in ihren Westen oder Jackentaschen oft eigene Taschen für ihre Uhren hatten, war dies für die Damen problematischer, denn Rock oder Bluse eignete sich nicht für eine Unterbringung einer Taschenuhr. Hieran zeigt sich, wie erfinderisch die Uhrmacher in der Vergangenheit schon waren: Zunächst erfand man eine Art Kralle mit zwei Bändern, in die die Uhr eingeklemmt wurde und so am Handgelenk befestigt wurde. Im nächsten Schritt wurden anstelle der Kralle zwei Ösen angelötet, durch die die Bänder gezogen wurden. Und im nächsten Schritt musste das Uhrwerk um 90 ° gedreht werden, damit die Uhrzeit leicht abgelesen werden konnte. Diese Schritte hat Herr Hulacz in der Ausstellung gut nachvollziehbar dargestellt.
Aber man kann auch erfahren, dass es die Uhrmacher mit den römischen Zahlen nicht so genau nahmen. Weil ihnen die Struktur der Zahlen nicht symmetrisch genug war für das Zifferblatt, wurde schlicht die Schreibweise einer Zahl geändert. Und so findet sich auf Zifferblättern mit römischen Zahlen zu über 90 % eine „falsche Vier“! Und kaum jemand bemerkt es.
Neben der Sammlung von Uhren beschäftigte sich Herr Hulacz auch mit der Geschichte der Turmuhr der St.- Michaelis-Kirche in Bissendorf. In seiner Chronik über diese Uhr legt er dar, wie sie den Weg von Bissendorf nach Gailhof gefunden hat – in den dortigen Turm des Feuerwehrhauses. Dank seiner großen Erfahrung gelang es ihm, die technischen Besonderheiten und Veränderungen plastisch darzustellen. Ein Exemplar der Chronik kann in der Ausstellung eingesehen werden.
Noch im Dezember 2014 war Herr Hulacz im Museum, um letzte Hand an die Gestaltung der vielfältigen Ausstellung - auch Nachwächteruhren, Tisch- und Schrankuhren gehören dazu – zu legen. Leider verstarb er danach viel zu früh. Der damalige Museumsleiter Karl-Hans Konert, der bei diesem letzten Besuch anwesend war, hatte auch das Gefühl, dass Herr Hulacz bei diesem Termin von seinen bedeutenden Schätzen gleichsam Abschied nahm.
Wenn das Museum demnächst wieder für Besuche geöffnet wird, schauen Sie doch mal im
Kavalierhaus vorbei und erkunden diese Sammlung eines begeisterten Uhrmachermeisters und eines leidenschaftlichen Sammlers in aller Ruhe.
Bildquellen: Alle Bilder wurden vom Richard-Brandt-Heimatmuseum Wedemark zur Verfügung gestellt.