
Eine Reise über 115 Jahre, mehrere Besitzerinnen und Besitzer, zwei Restaurierungen und viele Erinnerungen – ein besonderer Jagdwagen hat seinen Weg zurück an den Ort seiner Entstehung gefunden. Gebaut wurde er um 1910 vom Bissendorfer Schmiedemeister und Wagenbauer Friedrich Thümler für die Bauernfamilie Felies aus Isernhagen. Seitdem hat der Wagen viel erlebt – und ist nun wieder in Bissendorf zuhause.
Die Spuren des historischen Gefährts führten von Isernhagen über Hannover nach Stuttgart und schließlich nach Tübingen, wo der Wagen erneut von der Tischlerei Rapp restauriert wurde. Als das Ehepaar Liliane und Dr. Stephan Hoyer, das zuletzt im Besitz des Wagens war, aus persönlichen Gründen ihre Pferdehaltung aufgeben musste, entstand der Wunsch, den liebevoll gepflegten Wagen nicht einfach zu verkaufen. Der Wagen war mit besonderen Utensilien für Jagdausfahrten ausgestattet – unter anderem mit einem ledernen Futteral für ein Jagdgewehr, einem zeittypischen Arztkoffer und einem großen Koffer für Speis und Trank. Gerade diese liebevollen Details machten den Wagen für die Eigentümerinnen und Eigentümer so wertvoll, dass sie ihn bewusst nicht dem bloßen Verkauf überlassen, sondern möglichst an seinen Ursprungsort zurückführen wollten.
Durch intensive Recherchen entdeckten die Hoyers schließlich den Namen Thümler – und zwar nicht irgendeinen: Friedrich Thümler aus Bissendorf, Enkel des einstigen Erbauers. Die Verbindung war schnell geknüpft, doch die Frage blieb: Wohin mit dem historischen Schmuckstück?
Als Mitglied des Museumsteams des Richard-Brandt-Heimatmuseums lag für Thümler die Idee einer musealen Nutzung auf der Hand. Doch der derzeitige Zustand des Museums – insbesondere die Schließung des Hauptausstellungsraumes wegen baulicher Mängel – ließ eine sofortige Ausstellung nicht zu. Um dennoch die Rückkehr des Jagdwagens an den Ort seiner Entstehung zu sichern, entschloss sich Friedrich Thümler kurzerhand, den Wagen selbst zu erwerben. Mit Blick auf eine künftige Ausstellung im Museum wurde damit der erste Schritt getan.

Das Ehepaar Hoyer brachte den zweispännigen Wagen, komplett verzurrt auf einem Spezialanhänger, persönlich zurück nach Bissendorf. Neben dem Wagen übergaben sie auch eine kleine Vitrine mit Originalteilen, die im Zuge der Restaurierungen ersetzt wurden – ein Stück greifbare Geschichte, das den Wagen perfekt für eine spätere Präsentation vorbereitet.
Zum Abschluss ihres Besuchs unternahmen die Hoyers einen Rundgang durch Bissendorfs historischen Ortskern: Kirche, Amtshaus, Kavalierhaus und Bürgerhaus standen auf dem Programm. Ein ganz besonderer Moment war der Besuch des Hauses Am Markt 4 (ehemals Brandkassen Nr. 70) – genau an dieser Stelle stand einst die Schmiede von Friedrich Thümler senior, wo der Wagen vor mehr als 100 Jahren gefertigt wurde.
Beim anschließenden Mittagessen im Ort tauschten die Beteiligten viele Erinnerungen, Anekdoten und Gedanken zur zukünftigen musealen Heimat des Wagens aus. Mit der Rückkehr des Jagdwagens ist nicht nur ein Stück Handwerkskunst heimgekehrt – sondern auch ein Kapitel Wedemärker Geschichte lebendig geworden.
Quelle: Gemeinde Wedemark, Meldung vom 15.04.2025